Darf der Zeugenbeistand dem Zeugen mitteilen, was der sagen darf und was nicht, oder wie er sich ausdrücken soll?

Grundsätzlich hat jeder Zeuge die Pflicht, wahrheitsgemäß auszusagen und dabei nichts hinzuzufügen und auch nichts wegzulassen. Davon gibt es wichtige Ausnahmen: Wer aus persönlichen oder beruflichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, etwa weil er der Ehegatte des Beschuldigten ist oder Arzt, muss überhaupt nicht aussagen. Außerdem hat jeder hat das Recht, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, durch deren Beantwortung er sich oder einen Angehörigen der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Der Zeugenbeistand ist berechtigt und auch verpflichtet, einen Zeugen darauf hinzuweisen, wenn der mit der Antwort auf eine Frage in eine solche Verfolgungsgefahr geraten würde und deshalb ein Auskunftsverweigerungsrecht hat. Der Zeuge muss aber selbst entscheiden, ob er trotz Auskunftsverweigerungsrecht aussagen möchte – und auch in diesem Fall muss die Aussage wahrheitsgemäß erfolgen.

Normalerweise muss der Zeugenbeistand den Zeugen erst einmal reden lassen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Er ist aber zugleich verpflichtet, den Zeugen davor zu bewahren, sich durch eine ungeschickte Ausdrucksweise selbst zu belasten oder gar eine missverständliche und diesem Sinne auch falsche Aussage zu machen.

Der Zeugenbeistand hilft dem Zeugen, unüberlegte, ungenaue und unwahre Aussagen zu vermeiden. Dazu ein Beispiel:

Im Vorgespräch berichtet der Zeuge dem Anwalt, er habe gesehen, wie der Beschuldigte mit dem Auto davongerast sei. Auf die Frage des Zeugenbeistands, ob der Beschuldigte denn auffallend schnell gefahren sei, verneint der Zeuge dies und gibt an, der Beschuldigte sei „ganz normal davongefahren“. Dann muss der Zeugenbeistand dem Zeugen sagen, dass eine Formulierung wie „davonrasen“ einen falschen Eindruck von der Wahrnehmung des Zeugen hervorrufen kann. Umgekehrt darf der Zeugenbeistand aber nicht darauf hinwirken, dass der Zeuge seine Aussage verfremdet oder die eigentliche Wahrnehmung verschleiert. Hat der Zeuge wirklich gesehen und den Eindruck gehabt, der Beschuldigte sei davongerast, darf der Zeugenbeistand dem Zeugen nicht raten, dies in der Vernehmung abzuschwächen und besser nur anzugeben, der Beschuldigte sei „eher langsam gefahren, also normal eigentlich.“